Fassaden-Modernisierung mit Wärmedämm-Verbundsystem

Sanierung von vier Wohnhäusern in Hamburg-Eilbek

Schon seit einigen Jahren gibt es in Hamburg eine sehr kontroverse Diskussion zum Thema Glas und Stahl oder Ziegelmauerwerk im Städtebau. Selbst der Hamburger Altbundeskanzler Helmut Schmidt meldete sich zu Wort und verteidigte das Erbe Fritz Schumachers, der als Architekt und Oberbaudirektor der Stadt das Bild in den 20er Jahren des letzten Jahrhunderts durch Ziegelbauten geprägt hat. Aktuell geht es aber nicht nur um Neubauten in der City, sondern um ganze bestehende Wohnquartiere in den umliegenden Stadteilen, die durch die wärmetechnische Modernisierung mit Wärmedämm-Verbundsystemen (WDVS) ihr Bild verändern.

 

Der junge Hamburger Architekt Dirk Henninger sieht das Einsparen von Heizenergie im Bauwesen als wichtige Aufgabe, deren Bedeutung in Zukunft noch zunehmen wird. Im Interesse einer qualitätvollen Veränderung appelliert er einerseits an die Bauherren, ihrer Verantwortung gerecht zu werden und Architekten mit diesen Bauaufgaben zu betrauen, und andererseits an die Architekten, ihre Gestaltungsverantwortung immer auch im städtebaulichen Zusammenhang zu sehen.

 

Bei der Sanierung von vier roten Ziegelbauten mit drei bis fünf Geschossen aus dem Jahr 1957 im Hamburger Eilbektal hat er seine Vorstellungen umgesetzt. 107 Wohnungen mit 48 – 66 qm Größe gruppieren sich hier um einen Innenhof mit altem Baumbestand. Der Architekt F. R. Ostermeyer, der schon vor dem Krieg für die Schiffszimmerer-Genossenschaft am Bau des Hamburger Backsteinquartiers „Jarrestadt“ beteiligt war, ist auch der Architekt dieser Bebauung.

 

Die Nachkriegszeit verlangte nach einer wirtschaftlichen Bauweise. So wurde das ehemals im Stil der Gründerzeit bebaute Stadtviertel mit einfachen Zeilenbauten, gereiht oder im Quarree, wieder errichtet. Der damals verwendete Ziegel war in der Regel  nur schwach gebrannt, die Fassaden ohne Dekor oder Ornamente. Das Mauerwerk bestand aus einer klassischen zweischaligen Konstruktion mit 24 cm tragendem Mauerwerk, einer Schalenfuge und 11,5 cm Verblendschale aus Ziegel. Auch wenn diese Fassaden nicht von herausragender architektonischer Qualität sind, so prägt doch der Ziegel das Stadtbild.

 

Daher war es für den Architekten und Bauherrn selbstverständlich, einen roten Ziegel auch in der neuen Fassade als optisch dominierendes Material einzusetzen. Dabei sollte im Rahmen der technischen Möglichkeiten der WDVS-Konstruktion eine möglichst „echte“ Ziegelfassade erreicht werden. Die Verwendung gebrannter Ziegelriemchen war dabei auch in Hinblick auf die dauerhafte optische Wirkung alternativlos. „Sie fassen sich an wie Ziegelsteine, sehen aus wie Ziegelsteine und wirken aus der Nähe nicht aufgeklebt“, erläutert Architekt Dirk Henninger.

 

Die Gestaltung war aber nur ein Argument für die Riemchen. Das Risiko, dass sich Algen oder Grün auf dem WDVS bilden, ist groß. Auf sanierten Fassaden mit echten Ziegelriemchen haben die Planer bisher die wenigsten Vergrünungserscheinungen beobachtet. So fiel auch aus bautechnischer Sicht die Entscheidung für Ziegelriemchen aus gebranntem Ton.

 

Die Wahl fiel auf das Röben-Riemchen Westerwald bunt, glatt (im Dünnformat wie der Bestand), weil es alle Voraussetzungen hinsichtlich Gestaltung und technischer Eigenschaften erfüllt. Für eine komplette Fassade mit Riemchen konnte sich der Architekt aber nicht entscheiden. Bei der Neugestaltung hat er die Gelegenheit genutzt, der Fassade den schweren Eindruck durch die große Baumasse und die triste Gliederung zu nehmen. Um die vorhandene, ordnende Struktur der Fassade aufzulockern und aufzuhellen, wurde sie mit gezielt gesetzten Wechseln zwischen Putz-, Ziegelflächen und Balkonen ergänzt. So ergibt sich eine mehrschichtige, den Bestand würdigende, ansprechende Fassadengestaltung.

 

Die Röben-Riemchen wurden geklebt und im Schlämmverfahren verfugt. Diesestechnisch sehr sichere Verfahren zur Herstellung schlagregendichter Fugen war ein weiteres Argument für das gewählte Riemchen-Produkt.

 

Neben der Modernisierung der Fassaden hat die Schiffszimmerer-Genossenschaft auch sonst einiges für ihre Mieter getan. Die Erdgeschosse bekamen Terrassen, die Obergeschosse große Balkone und mit der Gestaltung des Innenhofes wurde ein Garten- und Landschaftsarchitekt beauftragt.

 

Das Wichtigste ist aber die Reduzierung der Energiekosten. Der errechnete Heizwärmebedarf reduziert sich um mehr als 50%, die CO2-Emissionen um 138.000 kg pro Jahr.

 

Material: Röben Klinker-Riemchen WESTERWALD bunt, glatt

Planung: Dipl.-Ing. Dirk Henninger, Freier Architekt, Hamburg

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