Gedanken zu Willi Bender

Die Nachricht vom Tod Willi Benders erreichte mich Ende Dezember 2018 in Asien. Im November und Oktober hatten wir uns getroffen, um uns fachlich auszutauschen. Ich suchte seinen Rat im Rahmen einer Publikation, Willi Bender benötigte von mir Details für seine vor dem Abschluss stehende umfangreiche Darstellung der Geschichte der Firma Händle, die im Jahr 2020 ihr 150-jähriges Jubiläum begeht. Es ging ihm um eine adäquate Darstellung der Abläufe seit 1870, nicht um eine mit leichter Hand geschriebene Saga, wie sie bei Firmengeschichten verbreitet ist. Gekennzeichnet von schwerer Krankheit, bewältigte Willi Bender diese letzte umfangreiche Arbeit mit dem ihm eigenen Anspruch an Detailgenauigkeit und Faktizität.

Willi Bender lernte ich in den 1960er Jahren als jungen Ingenieur im Haus meiner Eltern kennen und Anfang der 1970er Jahre als Kollege bei der Firma Händle.

Dank seines enormen Fleißes, seiner Loyalität und seines fachlichen Könnens machte er dort seinen Weg vom Projektingenieur zum Bereichsleiter – ein Kollege mit dem man sich fachlich auseinandersetzen konnte, weil man sich seiner an der Sache orientierten Integrität sicher war. Den „aufrechten Gang“ nannte der Philosoph Ernst Bloch diese Haltung.

Ende der 1970er Jahre begann eine intensive Zusammenarbeit mit Willi Bender am „Handbuch der Ziegelindustrie“, das wir gemeinsam als Herausgeber erarbeiteten und das 1982 zweisprachig erschien – eine Kärrnerarbeit, die ohne Willi Bender nicht zu bewältigen gewesen wäre. Parallel dazu erschien 1978 von Willi Bender – ebenfalls zweisprachig – „Die Planung von Ziegelwerken“. Ein Buch, in dem bereits alle Stärken des Autors Willi Bender sichtbar wurden, sein Ringen ums Detail, der systematische Aufbau und der ganzheitliche Blick auf das technologisch/ökonomische System Ziegelwerk. Wir wurden in den letzten Jahren immer wieder angesprochen, das „Handbuch für die Ziegelindustrie“ zu einer neuen, aktualisierten Version zu überarbeiten. Beide kamen wir zu der Überzeugung, dass uns die Kraft und Zeit dafür fehlen würde.

Bei einem unser letzten Gespräche fragte ich Willi Bender nach einer Liste seiner Veröffentlichungen. Ich hoffe, dass in seinem Nachlass eine solche Liste auftaucht. Es müssen weit über 100 zusammenkommen, wobei die meisten seiner Artikel in der Zeitschrift „Ziegelindustrie International“ erschienen. Die Themen reichten von Verfahren der Aufbereitung und Formgebung, Handling, Trocknen und Brennen bis zu informativen Arbeiten über die Funktion des Betriebslabors und den Grundlagen der Evakuierung.

Willi Bender war auch ein auf Kooperation und Austausch bedachter Kollege, weshalb er einige Artikel gemeinsam mit seinen Kollegen bei der Firma Händle verfasste.

Als Generalist für die in Ziegelwerken verwendeten Technologien pflegte er zudem engen Kontakt zu den einschlägigen Hochschulen, Forschungseinrichtungen und Fachverbänden. Eine langjährige Freundschaft verband ihn mit Professor Peter Fischer von der Fachhochschule Höhr-Grenzhausen, den er Ende der 1970er Jahre anlässlich einer Studie für die Firma Händle zum Thema Spaltplatten kennenlernte.

Seine fachliche Liebe aber galt dem Ziegel als Objekt. Eine Liebe, von der sein 1995 erschienenes Buch „Lexikon der Ziegel“ Zeugnis gibt. Gab und gibt es Experten, die Willi Bender in Sachen Ziegel das Wasser reichen können? Ich glaube es nicht. Sammler von Ziegeln, Museen, Kunsthistoriker  und Denkmalspfleger kontaktierten Willi Bender, um die Herkunft bestimmter Ziegel zu klären, die auf diesem Gebiet einschlägigen Fachzeitschriften baten ihn um Beiträge.

2004 erschien das vom Bundesverband der deutschen Ziegelindustrie herausgegebene opus magnum von Willi Bender „Vom Ziegelgott zum Industrieelektroniker“: Für jeden, der sich mit der Technologie der Ziegelwerke, der Entwicklung dieser Technologie und dem Produkt Ziegel beschäftigt, ein Muss.

In den langen Jahren der Zusammenarbeit hatte ich auch das Privileg, dem Menschen Willi Bender zu begegnen. Einem Menschen, der am Ende seines Lebens mit einer stoischen Haltung und Tapferkeit, trotz schwerer Schicksalsschläge und Gebrechlichkeit, in den letzten Jahren bis zu seinem Tod Verantwortung gegenüber den ihm nahestehenden Menschen übernahm. Er war ein liebenswerter und bescheidener Mensch, dem es um die Sache ging, nicht um seinen Status als einer der weltweit wichtigsten und fruchtbarsten Autoren in Sachen Ziegeltechnologie und Ziegel.

In seinen frühen Jahren kam Willi Bender auf besondere Weise mit der französischen Sprache in Berührung. Vielleicht gefiel ihm in unserem letzten Gespräch im November 2018 deshalb jener Satz so gut, den der Bildhauer Auguste Rodin seinem Freund Rainer Maria Rilke in einem Brief schrieb: “ Il faut travailler, rien que travailler et il faut avoir patience“. Ich möchte ihn so übersetzen: „Es gilt zu arbeiten, nichts als zu arbeiten, aber es bedarf auch der Geduld“.

Alle, die Willi Bender als Menschen und Kollegen, als Experten und Autor wichtiger Bücher und Artikel kannten, werden sich gerne an ihn erinnern.

Frank Händle

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