Einsatz von Ersatzbaustoffen bis frühe Öffentlichkeitsbeteiligung – 9. Baustofftag mit breitem Themenspektrum

Die frühe Öffentlichkeitsbeteiligung bei Planvorhaben, die Bekanntmachung im Internet und Änderungen des Planfeststellungrechts, der Zustand und Sanierungsstau der technischen Infrastruktur in Deutschland, neue Forschungsergebnisse bei der Feinstaubkeramik und der Ziegelherstellung sowie Lösungsansätze für chemisch beständige Werkstoffe – so lauteten die Themen des 9. Baustofftages am 9. Oktober in Sangerhausen. Etwa 50 Vertreter von Unternehmen, Planungsbüros und Behörden waren der Einladung des Unternehmerverbandes Mineralische Baustoffe (UVMB) e.V. in das Bergbaumuseum Röhrigschacht Wettelrode gefolgt. Bei einer Befahrung des Schachts konnten sich die Teilnehmer in über 260 Meter Teufe davon überzeugen, unter welch schwierigen Bedingungen der Kupferschiefer in verschiedenen Zeitepochen gewonnen wurde.
 
Eröffnet und geleitet wurde die Veranstaltung vom Ehrenvorsitzenden des UVMB, Horst Huck. Einen weiteren Themenschwerpunkt bildeten die Verwertungs- und Entsorgungsmöglichkeiten mineralischer Abfälle vor dem Hintergrund wandelnder Rahmenbedingungen in den Bundesländern Sachsen-Anhalt und Thüringen.  
Über die aktuelle und künftige Entsorgung mineralischer Abfälle berichtete Peter Schümichen vom Landesamt für Umweltschutz Sachsen-Anhalt. Derzeit würde zu diesem Thema ein Gutachten erstellt, welches kurz vor der Fertigstellung stehe. Es setze sich mit den Mengenströmen von mineralischen Abfällen und deren Verwertungs- und Entsorgungsmöglichkeiten unter verschiedenen Rahmenbedingungen auseinander. Dabei würden auch die vorhandenen Entsorgungskapazitäten bis zum Jahr 2020 auf den Prüfstand gestellt.
Aus dem Gutachten werden sich Antworten auf Fragen und Handlungsempfehlungen zu folgenden Themenbereichen ergeben:
- Wie wirkt sich eine Mengenverschiebung in Richtung Deponierung auf die im Kreislaufwirtschaftsgesetz festgelegte Recyclingquote aus? - Welche Maßnahmen müssen auf Landesebene getroffen werden, um die hochwertige Verwertung mineralischer Abfälle zu stärken? - Behalten die Aussagen des Abfallwirtschaftsplans 2011 des Landes Sachsen-Anhalt weiterhin ihre Gültigkeit?


Das Gutachten soll nach Freigabe der Öffentlichkeit zugänglich sein.
Für Abfallmengen, die künftig nicht mehr direkt in technischen Bauwerken, in Abgrabungen oder auf stillgelegten Deponien verwertet werden können, müsse von einer Deponierung ausgegangen werden, so Schümichen. In Abhängigkeit von den Rahmenbedingungen sei hier mit Mengen zwischen 0,9 und 1,7 Mio. m³/a zu rechnen, die zukünftig nicht mehr verwertet und beseitigt werden könnten.
Schümichen stellte noch einmal klar heraus, dass es nicht nur Anforderungen des Boden- und Grundwasserschutzes zu beachten gäbe. Nach dem KrWG bestehe für nicht vermeidbare Abfälle auch eine Verwertungspflicht, der man sich nicht entziehen könne.
Die gegenwärtig prognostizierte Mengenverschiebung könnte auch massive Auswirkungen auf die von der Bundesregierung und der EU ab dem Jahr 2020 festgelegte Recyclingquote für mineralische Bauabfälle (ohne Böden) haben, gab Schümichen zu bedenken. Derzeit könne man hier auf Recyclingquoten von deutlich über 90 Masse-% verweisen. Zukünftig könnten die geforderten 70 Masse-% eine Hürde darstellen. Um das bestehende hohe Niveau der stofflichen Verwertung mineralischer Abfälle im Land Sachsen-Anhalt aufrecht zu erhalten, seien Maßnahmen erforderlich, mit denen Einfluss auf eine verstärkte Verwertung genommen werden könne. Dazu würden u. a. rechtliche Regelungen, Vollzugsmaßnahmen, freiwillige Maßnahmen oder Innovationsallianzen wie beispielsweise die Zusammenarbeit zwischen Hochschulen und Unternehmen der Abfallwirtschaft zählen.
Mit diesem Gutachten nehme das Bundesland Sachsen-Anhalt „eine Vorreiterrolle“ ein und der hier beschrittene Weg werde vom UVMB und der Industrie mitgetragen, lautete das Fazit von Bert Vulpius, Assistent der Geschäftsführung des UVMB. Die im Raum stehenden Zahlen zur Verschiebung der Massenströme - weg von der Verwertung hin zu der Beseitigung – würden sich mit denen der Industrie decken. Die Vorgehensweise des Bundeslandes Sachsen-Anhalt, die Verwertungsbedingungen für mineralische Abfälle durch ein unabhängiges Fachgutachten untersuchen zu lassen, sei der einzig richtige Ansatz, sich mit diesem Thema fachgerecht auseinander zu setzen.


 
Nachholbedarf würde von Seiten der Industrie im Freistaat Thüringen gesehen, wo man sich von Landesseite nicht offensiv genug mit den veränderten Rahmenbedingungen und der Verschiebung der Massenströme auseinander gesetzt habe. Zwar habe dort im Mai das Thüringer Ministerium für Landwirtschaft, Forsten, Umwelt und Naturschutz (TMLFUN) eine Recyclinginitiative gestartet, womit lassen sich aber nicht die Verwertungsprobleme bei mineralischen Abfällen lösen ließen. „Böden und Steine stellen den größten Teil der mineralischen Abfälle dar. Aus diesen lassen sich keine RC-Baustoffe herstellen. Ebenso gering ist das Potential bei gemischten Bauabfällen“, sieht Vulpius das Hauptproblem. Mit dieser Initiative wolle man das Vertrauen in RC-Baustoffe stärken und die erreichte hohe Verwertungsquote halten, erläuterte Sabine Doblaski vom TMLFUN. So sei geplant, eine höherwertige Verwendung für RC-Baustoffe, z. B. als Betonzuschlag zu fördern. Der UVMB unterstütze die Initiative des TMLFUN und habe das Thema RC-Baustoffe seit vielen Jahren auf der Agenda, erklärte Bert Vulpius. Negativ auf die Wettbewerbsbedingungen wirkten sich die Sicherheitsleistungen aus, die Betreiber von RC-Anlagen hinterlegen müssen. Hier könne der Freistaat Thüringen bessere Rahmenbedingungen für die Recyclingwirtschaft schaffen. Die Sicherheitsleistungen seien in der Regel viel zu hoch und würden besonders die mittelständische Wirtschaft stark belasten. Holger Hofmann von der oeko-baustoffe GmbH, Sandersdorf-Brehna mahnte in der Diskussion besonders die Ausschreibungspraxis der öffentlichen Hand an. Es werde häufig nicht gesteinsneutral ausgeschrieben, sondern RC-Material bereits im Ausschreibungsverfahren ausgeschlossen. Die öffentliche Hand könne hier mit einer Änderung ihrer Ausschreibungspraxis ein Zeichen für mehr Akzeptanz beim Einsatz von RC-Baustoffen setzen. „Wir sind bereit, alles technisch Mögliche bei der Herstellung von RC-Baustoffen zu machen, wenn es sich wirtschaftlich umsetzen lässt.“


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