LINGL SOLEAD GmbH: Zukunft gestalten, Tradition bewahren – der neue Geschäftsführer Thomas Weischer stellt sich vor

An einem Sommertag in der ersten Julihälfte haben sich Hermann Frentzen, Mehrheitsgesellschafter, und Thomas Weischer, weiterer Geschäftsführer/CEO der LINGL SOLEAD GmbH, und Victor Kapr, Redakteur der ZI Ziegelindustrie International, zusammengeschaltet, um über die neuesten Entwicklungen beim Krumbacher Maschinen- und Anlagenbauer zu sprechen. Im Interview können Sie erfahren, wie es dem schwäbischen Unternehmen nach mehr als einem Jahr unter neuer Führung geht, welche Pläne der neue CEO für die Zukunft hat und, dass es entscheidend ist, mehr für den Kunden zu machen als nur eine funktionierende Anlage hinzustellen.

Update zu LINGL SOLEAD GmbH

Herr Frentzen, wir haben uns zuletzt Ende des vergangenen Jahres gesprochen. Damals blickten Sie zuversichtlich auf den Jahresabschluss. Inzwischen stehen Sie LINGL SOLEAD auch länger als ein Jahr vor. Wie ist die Lage in Krumbach?

Hermann Frentzen (HF): Der erste Schritt ist geschafft, das Unternehmen ist vor der Abwicklung gerettet. Der erste konsolidierte Jahresabschluss hatte ein positives Ergebnis. Das Jahr 2024 war insgesamt erfolgreich. Wir haben die Gesamtleistung, die wir uns vorgenommen haben, fast erreicht. Die Eigenkapitalquote liegt sogar ein paar Prozentpunkte über dem Plan. Unsere konsolidierte Bilanz weist eine Eigenkapitalquote von 43 % aus, was sicher sehr respektabel für einen Anlagenbauer in der heutigen Zeit ist. Darüber hinaus haben wir jetzt auch ein zu uns passendes Portfolio von Avalliniengebern und entsprechenden Avallinien

Den zweiten Schritt gehen wir gerade an, nämlich meine Altersnachfolge. Es geht dabei nicht darum, meinen Ruhestand, sondern die Zukunft des Unternehmens durch den Aufbau einer neuen Generation abzusichern.

Deshalb ist seit dem 1. Juni Thomas Weischer als Geschäftsführer neben mir an Bord bei LINGL SOLEAD. Er kommt als Schwabe aus der Region und hat viele Erfahrungen im Anlagenbau.

 

Zur Person Thomas Weischer und zur Nachfolge von Hermann Frentzen

Herr Weischer, was ist Ihr Werdegang?

Thomas Weischer (TW): Ich wollte ursprünglich Bauingenieur werden, war aber der Meinung, vor dem Studium eine Ausbildung machen zu müssen. Das hat meine Studienplatzwahl maßgeblich beeinflusst. Während ich Straßenbauer gelernt habe, habe ich gemerkt, dass mich Konstruktion und Statik als Disziplinen gar nicht so sehr reizen, sondern dass es mich viel mehr interessiert, Projekte zu leiten. Deshalb habe ich im Anschluss die Kombination Bauingenieurwesen und Projektmanagement studiert. Nach dem Studium habe ich zwei Jahre als Projektleiter im Infrastrukturbau gearbeitet, bevor ich in den Anlagenbau gewechselt bin. Dort konnte ich in verschiedenen Bereichen arbeiten und unterschiedliche Industrien kennenlernen: mechanisch-biologische Abfallbehandlungsanlagen, Umwelttechnik, Recycling für Kunststoffe und Batterien, Kunststoffherstellung.

Angefangen habe ich im Projekt Engineering und als Projektmanager. Die nächste Stufe war Senior Project Manager für schlüsselfertige Anlagen. Dann bin ich in den Vertrieb gewechselt und zur Vertriebs- und später Spartenleitung gelangt. Auf der letzten Stufe vor LINGL SOLEAD  war ich Leiter für Business Development bei der Hosokawa Alpine Aktiengesellschaft in Augsburg, einem Maschinen- und Anlagenbauer.

Um Herr Frentzens Äußerung zu ergänzen: Also ja, ich bin Anlagenbauer durch und durch. Ich habe zwar noch keine speziellen Erfahrungen in der Grobkeramik, denke aber, dass meine Erfahrungen gut übertragbar sind.

 

Wieso sind Sie von der Projektleitung in den Vertrieb gegangen?

TW: Schon in meiner Zeit als Projektleiter habe ich gemerkt, dass es mir gefällt, den Kunden zu beraten. Ich habe auch im Vorfeld öfters die Kollegen aus dem Vertrieb begleitet. Letztlich war es für mich die logische Konsequenz, direkt in den Vertrieb einzusteigen.

 

Das klingt nach einer guten Qualifizierung für die Geschäftsführung eines Anlagenbauers wie LINGL SOLEAD.

TW: Ja, das haben Herr Frentzen und ich nach einigen Gesprächen auch gemerkt, dass es tatsächlich gut passen könnte. Die ersten sechs Wochen haben das bestätigt. Mit dem Handwerkszeug aus meinen letzten Jahren fühle ich mich hier auch sehr gut aufgehoben. Ich bin glücklich, dass wir uns kennengelernt haben und ich diesen Schritt gegangen bin.

 

Wo bzw. wie haben Sie sich kennengelernt?

TW: Wir sind über eine Ausschreibung für die Vertriebsleitung Neue Märkte ins Gespräch gekommen. Für diese Vakanz sind wir zwar nicht zusammengekommen. Doch Herr Frentzen bot mir an, in Kontakt zu bleiben. Das hat mich gefreut. Irgendwann hat er sich bei mir gemeldet. Er habe nachgedacht, sagte er, und glaube, dass ich mehr könne. Wir haben dann in mehreren Gesprächen unsere jeweiligen Vorstellungen abgeglichen und sind zusammengekommen.

 

Jetzt lernen Sie das Unternehmen und die grobkeramische Branche kennen?

TW: Ja, ich bin noch in der Orientierungsphase. Ich unterhalte mich mit allen Bereichsleitern und möchte verstehen, wie die LINGL SOLEAD tickt. Denn hinter den bestehenden Strukturen und Prozessen liegen Gründe und eine Geschichte, warum sie so aufgebaut sind, wie sie es sind. Wenn ich das durchdrungen habe, möchte ich meine Erfahrungen aus anderen Unternehmen darüberlegen und prüfen, wo wir Sachen justieren und anpassen können. Das eine oder andere Thema haben Herr
Frentzen und ich schon gemeinsam entdeckt.

 

Wie lang werden Sie LINGL SOLEAD gemeinsam leiten?

HF: Mit Thomas Weischer ist erstmal vereinbart, dass er nach einem Jahr Geschäftsführung auch Gesellschafter werden wird. Denn LINGL SOLEAD soll weiterhin ein inhabergeführtes Unternehmen sein. Ich werde Mehrheitsgesellschafter bleiben und mich weiterhin als Botschafter und Netzwerker für LINGL SOLEAD engagieren. Aber ich möchte vermeiden, dass ich vor „lauter Nicht-loslassen-können morgens um 9 Uhr als Geschäftsleitung reingetragen werde“. Die Firma und die Mitarbeiter haben eine Zukunftsvision verdient. Das möchte ich proaktiv gestalten. Mit Herrn Weischer ist der erste Schritt getan, weitere werden folgen. Wir haben noch einiges vor.

 

Was meinen Sie?

HF: Beispielsweise übernehmen wir aktuell vier Ausbildungsabgänger in das Bestandspersonal. Für diese Mitarbeiter, Anfang bis Mitte 20, braucht es auch eine Generation in der Führung, die ihnen eine plausible Vision aufzeigen können. Dafür wird Herr Weischer zuständig sein. Der technische Bereich ist ein weiteres Beispiel. Die technologische Entwicklung rund um die Ziegelherstellung herum, Elektronik, Steuerungstechnik, Digitalisierungstechnik, ist sensationell, aber sehr fordernd. Aktuell gehen wir bei der LINGL SOLEAD  das Thema KI im Anlagenbau an. Die strukturierte Implementierung im Unternehmen wird ebenfalls Herrn Weischers Aufgabe sein.

 

KI und Anlagenbau

Welche Möglichkeiten bietet KI im Anlagen- und Maschinenbau?

HF: KI kann in der Aufbereitung von Dokumentationen sehr hilfreich sein, ebenso unter Umständen in der Aufbereitung von historischen Daten. Im Bereich Market Research und Unternehmensresearch haben wir intern schon viel mit KI gearbeitet.

TW: Beispielsweise kann KI auch in der Konstruktion helfen. Denn hinter Konstruktionen gibt es viele Logiken, die KI erkennen kann. Wenn ich eine Anlage plane, kann mir KI vielleicht gleichzeitig, während ich die Anlage projektiere, einen Vorschlag für einen Ersatzteilkatalog erstellen.

Neben Effizienzsteigerung im Anlagenbau gibt es für mich noch einen anderen Punkt. Wie können wir KI nutzen, um für unsere Kunden einen Nutzen zu generieren? Wir können KI in unsere Steuerungen einbauen, z.B. im Rahmen von Predictive Maintenance. Wenn die Anlage erkennt, ein gewisses Bauteil erreicht die Verschleißgrenze, kann sie bspw. automatisch ein Signal geben und darüber hinaus ein Angebot einfordern.

HF: Um das umzusetzen, brauchen wir im Management und im gesamten Unternehmen die Bereitschaft, KI zu nutzen. Wir dürfen das nicht nur als Bedrohung betrachten. Ziel des KI-Einsatzes ist nicht, Leute nach Hause zu schicken, sondern unsere Performance nachhaltiger, schneller und individueller zu gestalten und im besten Fall den Umsatz zu verdoppeln.

TW: Es ist ganz wichtig, dass wir ganz klar machen, wir wollen mit KI zum Wohle aller mehr Leistung generieren. Dann werden das alle eher unterstützen.

 

Generalunternehmer für den Kunden

Das klingt so, als müssten Sie auch im Unternehmen noch einiges bewegen.

HF: Ich möchte, zusammen mit Herrn Weischer und den anderen Kollegen, LINGL SOLEAD eine neue Dynamik geben, sei es für den Einsatz von KI oder z.B.  für die Entwicklung einer neuen Maschinengeneration. Dazu benötigen wir erstens eine technologieoffene Herangehensweise. Das Zweite ist eine Unternehmenskultur, wo wir über Wahrheiten reden können und auch wieder etwas wagen wollen. Bedingt durch die im internationalen Vergleich hohen Personalkosten in Deutschland zwingen wir uns dazu, schneller und effizienter zu werden ohne dass der Kunde auf unseren hohen Qualitätsstandard verzichten muss. „Sonst werden uns im Karpfenteich der Anlagenbau- und Ziegelindustrie die Hechte überholen“.

Wir werden nichts nach Außen verlagern. Aber wir werden sicherlich stärker mit Unternehmen zusammenarbeiten und mittels neuer Technologien wie KI oder über Komponenteneinkauf schlagkräftiger werden. Die interne Struktur des gesamten Unternehmens wird sich in den nächsten fünf Jahren massiv verändern. Gegenüber dem Kunden wird die LINGL SOLEAD an Dienstleistungseffizienz dazugewinnen.

LINGL SOLEAD neuen Mut für außergewöhnliche Ideen zu geben, hat bis jetzt ganz gut geklappt. Wir haben inzwischen gemeinsam im Unternehmen eine andere Akzeptanz und Kultur entwickeln können. Das halte ich für eine wichtige Basis für die weitere Entwicklung des Unternehmens und der Mitarbeitenden, die der neue CEO weitertragen wird.

 

Welche Möglichkeiten sehen Sie denn für LINGL SOLEAD, trotz deutlicher Diskrepanzen bei den Lohnkosten am Markt zu bestehen?

HF: Als ich LINGL SOLEAD übernommen habe, war ich mir über die hohen Lohnkosten im Zusammenhang mit den vielen anspruchsvollen Hightecharbeitplätzen hier im Klaren. Ich habe mich damals zum Einstieg entschieden, weil das Unternehmen meines Erachtens eine Riesenzukunft hat. Dazu gehörte, das bestehende Lohngefüge fortzusetzen.

Die Preisdiskrepanzen können wir nur kompensieren, beispielsweise im Presale- und Aftersales Service. Wie ich bereits gesagt habe (vgl. ZI 1/25, S. 6f.), müssen wir gemeinsam mit dem Kunden dessen Themen angehen und dessen Projekte entwickeln. Das Ziel ist, gar nicht erst in die Situation eines Preisvergleiches mit der Konkurrenz zu geraten. Dazu müssen wir neue Wege gehen und auch einmal querdenken.

Diesen Ansatz verfolgen wir beispielsweise in England. Dort sind wir bei Wasserstoffprojekten, glaube ich sagen zu können, ganz weit vorne. Die englische Regierung hat ein umfassendes Programm aufgelegt, die Nutzung von Wasserstoff für die kommenden 20 Jahre zu fördern. Mit den drei größten Ziegelherstellern in England haben wir schon Wasserstoff-Workshops gemacht. Wir waren auch als einziger Ziegelanlagenbauer auf der UK Ceramics Delivering Net Zero Conference, einem Keramikbranchentreffen zu nachhaltigen Herstellungsverfahren.

 

Also werden Sie auf Innovation fokussieren?

HF: Es geht um mehr als nur um einen technologischen Vorsprung. Der Unterschied muss sein, dass LINGL SOLEAD als Generalunternehmer die gesamte Verantwortung für ein Projekt übernimmt und dem Kunden die Sicherheit gibt, gemeinsam sein Leuchtturmprojekt erfolgreich zu realisieren. Dieses Vertrauen zurückzugewinnen, da sind wir auf einem guten Weg. So haben wir im März einen Auftrag im Volumen von mehreren Millionen Dollar vom größten Ziegelhersteller der USA mit 750 Millionen Dollar Umsatz erhalten. Diesen Impuls wird Thomas Weischer aufnehmen und verstärken.

TW: Das ist eine sehr wichtige Erkenntnis. Etwas plakativ gesagt, müssen wir nicht dem Kunden gegenüber, sondern an seiner Seite sitzen. Er muss das Gefühl haben, dass wir ihn nicht beraten, um eine möglichst große Anlage zu verkaufen, sondern weil wir überzeugt sind, dass dies die beste Lösung für den Kunden sein wird. Das spiegelt sich darin, dass wir bei unseren Planungen auch zukünftige, technische Änderungen bzw. Erneuerungen gleich mit ins Spiel bringen – Stichwort „Printing“. Damit sind unsere Kunden dann auch tatsächlich für die Zukunft gerüstet.

Unsere Kernkompetenz bei der LINGL SOLEAD wird das komplette Prozessknowhow einer Anlage, neben dem technischen Know-how auch das passende Projektmanagement, umfassen. Der Kunde soll zum richtigen Zeitpunkt eine funktionierende und der Bestellung entsprechende Anlage erhalten, mit der er sofort erfolgreich sein kann.

HF: Dazu gehört auch, den Kunden emotional zu unterstützen. Viele Ziegler haben zurecht Respekt und etwas Scheu vor großen Investitionen. Die müssen wir den Kunden nehmen. Bei uns sollen sie sich die Zuversicht abholen, dass das Projekt erfolgreich sein wird und wir uns kümmern, dass es nachhaltig läuft.

 

Wie sieht die weitere Auftragsentwicklung derzeit aus?

TW: Wir sind bis Ende des Jahres gut ausgelastet. Die Projektpipeline für die Zukunft sieht auch sehr gut aus.

HF: Wir sind auf einem sehr guten Weg, wenn ich mir ansehe, wo wir vor 12 Monaten gestartet sind. Jede Woche fügt sich wieder ein Stein zum anderen. Die Mannschaft hat viel verändert, die Prozesse stimmen wieder, das Mindset der Mitarbeitenden verändert sich in die richtige Richtung und wir freuen uns mit Demut über unsere Erfolge in der Zusammenarbeit mit den Kunden.

Das Marktumfeld ist derzeit nicht „vergnügungssteuerpflichtig“, aber wir sind davon überzeugt, dass der Knoten im Jahr 2026 „platzen“ wird – wir sind bereit dazu und freuen uns darauf!

 

Herr Weischer, Sie haben also nicht das Gefühl, ein sinkendes Schiff zu betreten?

TW: Nein, absolut nicht. Ich wusste von Anfang an, wo das Unternehmen herkommt und welche Historie es hat. Ich habe mich mit den Themen des Unternehmens und dem Markt beschäftigt, und sehe in beidem ein sehr großes Potential. Schließlich war ich ja auch nicht gezwungen, einen neuen Job anzunehmen, aber ich erkenne Chancen, wenn sie sich auftun.

 

Meine Herren, ich bedanke mich sehr für das Gespräch.

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