Gemeinsame Arbeit an Produktoptimierung und Emissionsminderung
„Kompliment, das sieht gut aus“, schrieb JUWÖ Betriebsleiter Heiko Paselt am 4. April 2008 in einer E-Mail an den Keratek-Gründer und damaligen Geschäftsführer Karl-Heinz Brakemeier. Der hatte ihm wenige Tage zuvor den Prospekt zu seiner jüngsten Entwicklung geschickt. Ein Jahr später gehörte das Ziegelwerk in Wöllstein zu den ersten Turboblock 800 Pionieren in Deutschland.
Brakemeier erinnert sich noch sehr gut: „Der Weg bis dahin war nicht leicht, die Entwicklung des innovativen deckenintegrierten Systems hat uns fast drei Jahre lang beschäftigt.“ Die Konstruktion, die strömungstechnischen Berechnungen sowie den Formen- und Prototypenbau finanzierte das damals noch in Hohenhameln ansässige Unternehmen aus Eigenmitteln. Natürlich gab es in der Anfangszeit auch Rückschläge, zum Beispiel bei der Beständigkeit der feuerfesten Gießmasse und der Standfestigkeit der Lagerung. „Doch wir haben nicht aufgegeben, was besonders den ersten Kunden sehr imponiert hat“ ergänzt Brakemeier.
Auch den Ziegelexperten aus Rheinland-Pfalz war schnell klar, dass sie da eine solide Lösung zur Steigerung der Produktqualität eingekauft hatten. Betriebsleiter Heiko Paselt ließ nicht locker und schraubte seine Ansprüche noch etwas höher. Anfang 2013 baute Keratek weitere drei Umwälzer des gleichen Typs ein, diesmal im Hauptfeuer bei knapp 850 °C. Eine echte Herausforderung an die Kühlung und Standfestigkeit der deckenintegrierten Ventilatoren, die der Anlagenbauer aber gerne annahm und auch meisterte.
Energieeinsparung und erhöhte Produktionsleis-tung
Die aktuelle dritte Ausbaustufe folgte im Juni 2021. Diesmal standen die Themen Energieeinsparung und erhöhte Produktionsleistung im Vordergrund. Keratek-Geschäftsführer Christian Gäbelein hatte zur Montagevorbesprechung eine kleine Überraschung im Gepäck. Unter den sechs Umwälzern für die Aufheizzone war das 100. Gerät der Baureihe. Ein Jubiläum ganz nach dem Geschmack von JUWÖ-Chef Stefan Jungk, der während der Montage zum Pressetermin einlud. “Für uns war eine erneute Zusammenarbeit mit Keratek die erste Wahl“ so Jungk. „Bereits vor einigen Jahren haben wir die erste Hälfte unseres Tunnelofens im Wöllsteiner Werk 3 mit Turboblocks ausgestattet und ausgesprochen gute Erfahrung gemacht. Durch die kontinuierliche Umwälzung der Heißluft in Verbindung mit einer offenen Setzweise hat sich die Maßhaltigkeit der Ziegel spürbar verbessert.“
Durch die enge Zusammenarbeit zwischen Werk und Lieferant entstand im Laufe der Jahre ein modernes Brennaggregat mit weiterem Potenzial. Äußerlich unterscheidet sich die dritte Generation kaum von den bisherigen, die Verbesserungen zeigen sich erst im Detail, beispielsweise das stabiler ausgeführte Lagergehäuse mit breiteren Wälzlagern und die im Schaltschrank verbauten Datenlogger mit Netzwerkanbindung. So können die aktuellen Betriebsdaten online verfolgt oder über eine Mobiltelefon-App ausgelesen werden.
Vernetzung als Schlüssel zum Erfolg
Damit geht JUWÖ einen großen Schritt auf dem Pfad zur Klimaneutralität, der in der Roadmap 2050 von der deutschen Ziegelindustrie beschrieben wurde. Dieses Ziel sei nur in enger Zusammenarbeit der Produktionswerke mit den Anlagenbauern lösbar, so Stefan Jungk: „Deutsche Ingenieurskunst und die Vernetzung mit der Industrie und den Forschungsinstituten ist der Schlüssel zum Erfolg. Als Unternehmer aber auch als Präsident des Bundesverbands der Deutschen Ziegelindustrie ist mir die firmenübergreifende Zusammenarbeit sehr wichtig“, erläutert Jungk. „Die Firma Keratek ist dafür ein Paradebeispiel, ist doch ihr Geschäftsführer Christian Gäbelein ehrenamtlich im Vorstand des Instituts für Ziegelforschung (IZF) Essen engagiert.“
Bei aller Freude über das runde Jubiläum steht dennoch das Projektziel im Vordergrund. Das Wöllsteiner Werk verspricht sich neben der Verbesserung der Produkteigenschaften in den wandnahen Besatzbereichen selbstverständlich auch Einsparpotenzial beim Primärenergieverbrauch. Dazu passt auch die von Keratek umgesetzte Optimierung der beiden konventionellen Umwälzer direkt hinter dem Ofentor, die auf eine Absaugung im Deckenbereich umgebaut wurden.
Ist die Entwicklung des Turboblock 800 damit am Ende? „Noch lange nicht“, sagt Christian Gäbelein. „Unsere Gedanken gehen in Richtung eines beheizten Gebläses, in dem die Ofenatmosphäre in Zukunft auch elektrisch oder mit Wasserstoffbrennern erhitzt wird. Da sind interessante Forschungsvorhaben in der Pipeline.“ Die Ideen gehen den Bad Essener Ingenieuren von Keratek noch lange nicht aus, der Ofen der Zukunft hat Umwälzer und der Einstieg in diese Technologie ist heute schon möglich. Auch bei JUWÖ in Wöllstein ist noch etwas Platz auf und in der Decke des Tunnelofens.
Text: Christian Gäbelein