Keller HCW

Klimaneutraler Brennprozess 4.0 in der Ziegelindustrie

Die Klimaneutralität bei der Herstellung grobkeramischer Produkte und die Digitalisierung in der Ziegelindustrie sieht Keller als die wesentlichen Herausforderungen der Branche. Keller als Spezialist im Maschinen- und Anlagenbau der grobkeramischen Industrie nimmt sich der „Green Challenge“ an und hat es sich zum Ziel gesetzt, gemeinsam mit den Ziegelherstellern und Partnern die Branche nachhaltig in die Zukunft zu transformieren. Der folgende Beitrag erläutert den aktuellen Stand der Forschungs- und Entwicklungsergebnisse für einen klimaneutralen Produktionsprozess und gibt einen Ausblick auf weitere Entwicklungsmöglichkeiten zur Energieeinsparung.

Einleitung

Die Ziegelindustrie unterliegt seit geraumer Zeit einem enormen Druck der Veränderung. Der Gesetzgeber hat über das Klimaschutzgesetz eine Treibhausgasneutralität bis 2045 vorgeschrieben. Auf europäischer Ebene soll dies bis 2050 erreicht werden. Der Bundesverband der Deutschen Ziegelindustrie hat dazu in der Roadmap 2021 wesentliche Schritte aufgezeigt.

Wie schaffen wir das?

Die Antwort war und ist: „Regenerativ“ - also mit Hilfe von Wasserstoff, der Elektrifizierung, mit Biogasen oder synthetischen Gasen, biogenen Porosierungsmitteln und in Ergänzung mit Speichertechnologie.

 

1. Wasserstoff

Keller hat umfangreiche Untersuchungen im Rahmen eines Forschungsvorhabens mit dem Ziegelhersteller Hagemeister in Nottuln, dem Institut für Ziegelforschung in Essen, dem Brennerhersteller Kueppers Solutions und dem VDEh-Betriebsforschungsinstitut erfolgreich durchgeführt. Die Ziele waren die Entwicklung einer neuen Brennertechnik, die wahlweise mit 100 % Wasserstoff, 100 % Erdgas oder beliebig gemischt betrieben werden kann, also ein „Zweistoffbrenner“ mit der Option der höchstmöglichen Substitution von Erdgas durch Wasserstoff. Damit sollte der Nachweis über den erfolgreichen Einsatz von Wasserstoff in der Serienproduktion des Klinkerwerkes erbracht werden. Hierzu ging im August 2023 auf dem Ofen der Firma Hagemeister eine Test-Brennergruppe mit Wasserstoff in Betrieb, welche einige Wochen sowohl im Vorfeuer als auch im Hauptfeuer betrieben wurde.

Nach erfolgreichem Abschluss der Versuche kann festgehalten werden, dass Keller sowohl auf der prozesstechnischen Seite als auch auf der Produktseite umfangreiche Erfahrungen mit dem Brand von Ziegeln mit Wasserstoff gesammelt hat. Keller kann eine Bi-Fuel Brennertechnik (Zweistoffbrenner) bereitstellen, die für den Betrieb mit 100 % Erdgas, 100 % Wasserstoff oder jeglichen Mischbetrieb dazwischen geeignet ist. Mit dieser Brennertechnik wird eine vergleichbare Flammlänge und Flammtemperatur bei der Wasserstoffverbrennung im Vergleich zum Erdgas erzielt. Keller kann die notwendige Steuerungs- und Regelungstechnik für eine solche Anlage unter Berücksichtigung der Vorschriften und Regeln zur Gewährleistung eines sicheren Betriebs bereitstellen.

Es bleiben die Fragen: „Wo kommt in Zukunft der Wasserstoff her und zu welchem Preis?“

Die klare Erwartungshaltung der Industrie ist es, dass eine Wasserstoff-Infrastruktur entsteht und Wasserstoff zu einem wettbewerbsfähigen Preis zur Verfügung steht.

Wenn auf der einen Seite der Nachweis erbracht wurde, dass Wasserstoff im Trockner und Ofen erfolgreich als Brennstoff eingesetzt werden kann und auf der anderen Seite selbsterzeugter „Grüner Strom“ zur Verfügung steht, dann fehlt dazwischen die Wasserstofferzeugung sprich die Elektrolyse und gegebenenfalls ein Speicher. Wesentliche Technologien der Elektrolyse sind PEM - Polymer-Elektrolyt-Membran und AEM - Anion Exchange Membrane. Beide Technologien haben ihre Vor- und Nachteile. Häufig sind die Geräte in modulbauweise aufgebaut und können so in der Leistung gut angepasst und gesteuert werden. Leistungen von 1 bis 5 MW in einem Container sind möglich. Der Wirkungsgrad liegt bei beiden Systemen bei ca. 65 %, wenn der Heizwert der H2 Ausgangsseite ins Verhältnis zur elektrischen Eingangsleistung gesetzt wird. Abwärme liegt auf einem Temperaturniveau von 50 bis 60 °C in Form von Wasser oder Luft vor. Wenn diese Abwärme genutzt werden kann, erreichen die Zellen einen Systemwirkungsgrad von über 90 %.

Schauen wir auf eine globale Produktion von H2. Es ist wahrscheinlich, dass der Wasserstoff für Europa zukünftig aus Ländern wie z.B. Afrika, Australien oder Saudi-Arabien kommt, eben aus Ländern, wo die Sonne deutlich beständiger scheint als in Europa.

Nachteilig ist, dass der Transport und die Speicherung von H2 aufwändig sind, da der Heizwert je m³ deutlich geringer ist als beim Erdgas.

Es liegt nahe, den Wasserstoff zu verflüssigen, so wie es auch beim Erdgas gemacht wird - dem „LNG“.

Die Verflüssigung von H2 erfolgt bei Temperaturen kleiner -253 °C. Somit ist der energetische Aufwand der Verflüssigung hoch. Eine chemische Bindung von H2 in Form von Ammoniak (NH3) kann Abhilfe schaffen und wirtschaftlich sein. NH3 lässt sich bei -33 °C, oder bei 20 °C mit einem Druck von 9 bar verflüssigen.

Ammoniak ist übrigens heute schon die weltweit am meisten transportierte Chemikalie.

Zur finalen Nutzung muss Ammoniak in einem Cracking Prozess aufbereitet werden (2NH3 => N2 + 3H2) oder es gelingt ihn ohne cracken direkt zu verbrennen. Ammoniak ist jedoch zündträge und hat eine geringere Flammtemperatur und Flammgeschwindigkeit als Erdgas. Um trotzdem einen Lösungsansatz zu finden, unterstützt Keller das Gas- und Wärme-Institut Essen sowie das Institut für Ziegelforschung in Essen in Kooperation bei Versuchen zur Verbrennung von NH3.

 

2. Elektrifizierung - unsere Erfahrungen

Kanalerhitzer sind am Markt mit Ausgangstemperaturen von bis zu 800 °C verfügbar.

Sie sind zum Beispiel für Umwälzkreise am Trockner und Ofen einsetzbar.

Heißlufterzeuger erzielen bisher Ausgangstemperaturen von bis zu 1100 °C.

Wenn bei Elektro-Heizstäben der Draht aus FeCrAL besteht, sollte er mit max. 1150 °C glühen. Dabei erzielt er eine Standzeit von 5 Jahren. 50 °C mehr Glühtemperatur halbieren die Standzeit. Durch Beimischung von Molybdän kann am Glühdraht eine Temperatur von ca. 1250 °C erzielt werden.

Neben dem Trocknen und Brennen können auch andere Prozessschritte elektrifiziert werden, wie zum Beispiel die Folierung mit einem Haubenautomat. Keller hat eine solche Maschine zum Schrumpfen von Folie zur Verpackung von Dachziegeln auf einer Europalette geliefert. Geschrumpft wird eine Folie mit einer Stärke von 130 µm. Die Anschlussleistung liegt bei 259 kW und der Energiebedarf je Schrumpfvorgang bei 2 kWh elektrischer Energie.

Wie sehen für Keller die nächsten Schritte der Elektrifizierung aus?

Keller wird gemeinsam mit 3 Partnern in Rahmen eines Forschungsvorhabens einen Feldversuch zum Einsatz eines Heißgaserzeugers mit einem Widerstandsheizprinzip und einer Ausgangstemperatur von 1500 °C durchführen. Entsprechende Förderanträge wurden gestellt. Das Material des Widerstandes, der zum Glühen gebracht wird, ist dabei nicht mehr metallisch, sondern keramisch.

Keller wird sich im Rahmen dieses Projektes und darüber hinaus natürlich damit beschäftigen, welche Auswirkungen der Einsatz von Heißgas auf den keramischen Brand, insbesondere auf die Produkteigenschaften hat.

Weiterhin forscht Keller aus eigener Motivation zurzeit an mehreren Elektrifizierungsthemen unter anderem an der Induktionsheizung in Rohrleitungen.

 

3. Alternative Brennstoffe - Biogas oder synthetische Gase

Der Einsatz von Holzgas kann eine sinnvolle Alternative sein, sofern in werksnähe ausreichend Altholz gesichert und zu einem attraktiven Preis zur Verfügung steht. Gegebenenfalls muss das Holzgas verdichtet werden, um es dann bei Temperaturen von 150 - 200 °C direkt im Ofen zu verbrennen. Hierzu bietet Keller den Brenner CF45 mit den entsprechenden Ventilen an, die für die Temperatur und das Holzgas geeignet sind.

 

4. Energiespeicher

Wenn Prozesse oder regenerative Energiegewinnung periodisch verlaufen und deshalb zu einem Zeitpunkt Energie abgeführt und zu einem anderen Zeitpunkt zugeführt wird, ist ein Hochtemperatur-Wärmespeicher sinnvoll. Das Speicherprinzip basiert auf mehreren parallelen Schichten aus Speichermaterial, was im Normalfall Quarzsand mit einer Körnung von 1 bis 3 mm ist. Aber auch Ziegelbruch ist als Speichermaterial denkbar. Ein horizontaler Luftstrom durch die Speicherschichten dient der Aufladung und Entladung. Die Speicherkapazität liegt je Modul bei bis zu 20 MWh. Die Speicher sind kaskadierbar. Die Temperatur im Speicher kann bis zu 1000 °C betragen.

Durch einen Hochtemperatur-Wärmespeicher kann überschüssige Prozessenergie zwischengespeichert oder im Verfahren „Power to Heat“ Grüner Strom gespeichert werden.

 

5. Steigerung der Energieeffizienz

Den bisher genannten Punkten, also dem Wasserstoffeinsatz, der Elektrifizierung, dem Einsatz alternativer Brennstoffe und der Nutzung von Hochtemperatur-Wärmespeichern muss gemeinschaftlich etwas vorausgehen und zwar die Steigerung der Energieeffizienz der bestehenden Anlagen, die schlussendlich in der Entkopplung von Ofen und Trockner mündet. Dies ist eine Grundvoraussetzung auf dem Weg zur CO2 Neutralität, denn „Jede nicht verbrauchte kWh ist CO2 neutral“.

Zur Steigerung der Energieeffizienz sind unter anderem folgende Maßnahmen möglich:

Umwälzsysteme am Ofen in der Aufheiz- und Kühlzone bzw.  geometrisch lange Aufheiz- und Kühlzonen mit dem Ziel, den Lufthaushalt im Ofen zu reduzieren und die Temperaturen der Abluftströme zu erhöhen.

Die Minimierung von Falschluftströmen (Wagenstoßdichtungen, Sandrinne, Baukörper).

Die Nutzung vorgewärmter Verbrennungsluft bzw. der Einsatz von Reingasbrennern.

Eine Sauerstoffregelung in der Brennzone des Ofens mit dem Ziel, die Zuführung externer Verbrennungsluft zu minimieren. Die Luft, die im Ofen vorhanden ist, soll genutzt werden.

Leichte Ofenwagenaufbauten zur Reduzierung der Ausfahrverluste.

Energierückgewinnung aus der Naßluft und dem Rauchgas gegebenenfalls in Kombination mit dem Einsatz einer Wärmepumpe. Hierdurch kann Energie aus unvermeidbaren Verlustquellen teilweise zurückgewonnen werden.

Keller hat zum Stichwort „Entkopplung“ zwei Öfen gegenübergestellt. Einmal einen Ofen „state of the art“, also so wie man ihn bis heute baut und einmal einen Ofen „future“.

In der Kühlzone des Ofens „future“ gibt es keine klassische Endeinblasung. Die Zuführung der Kühlluft erfolgt über Umwälzventilatoren und somit dosiert, gezielt und mit hoher Effizienz. Die verringerte Luftmenge wird über die untere Absaugung entnommen und in einem Bypass am Temperaturbereich der Modifikation des freien Quarzes vorbeigeführt. Die Sturzkühlung erfolgt über Umwälzer mit Frischluft und/oder Prozessluft aus dem zuvor genannten Bypass. Die Heißluft aus der oberen Absaugung wird nicht zum Trockner, sondern an der Hauptbrennzone vorbei nach vorne in die Aufheizzone des Tunnelofens geführt. Dort wird die Energie über Umwälzer den aufzuheizenden Produkten zugeführt. Ein Teil der Prozessluft aus der Kühlzone strömt als vorgewärmte Verbrennungsluft in das Hauptfeuer. Dort nutzen Reingasbrenner den Sauerstoff in der Tunnelofenatmosphäre.

In der Aufheizzone des Ofens „future“ arbeiten zahlreiche Umwälzkreise. Hier wird die Energie aus der Kühlzone eingekoppelt. Sofern es notwendig ist, können elektrische Heizregister in die Umwälzkreise eingebaut werden und damit weitere Energie zur Verfügung stellen. Die Brenneranlage auf der Tunnelofendecke beginnt deutlich später und bei einem höheren Temperaturniveau. Zur Rückgewinnung der Energie aus dem Rauchgas steht ein Polymer Wärmetauscher zur Verfügung.

Das Gesamtenergie-Einsparpotential des Ofens „future“ liegt in einem Bereich von 20 bis 40 %, je nach Produkt und Besatzgeometrie.

 

6. CO2 Absorption

Bestimmte Produktionsverfahren bei der Ziegelherstellung erfordern traditionell den Einsatz von CO2 emittierenden Brennstoffen, wie zum Beispiel der Kohlebrand bei der Verblendziegelherstellung. Ein denkbarer Weg zur Vermeidung der CO2 Emissionen bei einem solchen Herstellungsverfahren ist die CO2 Abscheidung mit einer Absorptionsanlage und die anschließende Methanisierung. Dabei wird das gewonnene CO2 mit ­Wasserstoff verbunden (CO2 + 4H2 => CH4 + 2 H2O) und so zu einem synthetischen Erdgas (SNG) gewandelt. Das entstandene Erdgas kann zum Beispiel für den Trockenprozess genutzt werden.

 

7. Reingasbrenner

Auf die Zufuhr von externer Verbrennungsluft kann beim Einsatz von Reingasbrennern gänzlich verzichtet werden. Bezogen auf den einzelnen Brenner können rund 30 % Energie gespart werden. Die Wurfweite des Keller HT Reingasbrenners liegt bei ca. 2 m. Durch den Venturi-Effekt des Reingasbrenners liegt die Umwälzrate bei 350 m³/h.

Der Keller HT Reingasbrenner kann für vielfältige Brennstoffarten wie z.B. Erdgas, Propangas, Wasserstoff und Mischgase eingesetzt werden. Er ist für einen Temperaturbereich größer gleich 750 °C geeignet.

 

8. Vorausschauendes Energie-Management-System

Wenn wir uns die Energieströme im Ziegelwerk der Zukunft vor Augen führen, wird schnell klar, dass das Energiemanagement deutlich anspruchsvoller wird und eine intelligente und vorausschauende Verknüpfung unabdingbar ist. Was ist damit gemeint?

Heutige Tunnelöfen laufen kontinuierlich - 24/7 - und geben somit auch kontinuierlich Energie ab. Der Trockner hingegen läuft nicht in jedem Werk kontinuierlich. Spätestens beim Einsatz eines Kammertrockners ist der Energiebedarf diskontinuierlich. Es ergeben sich erste Schwankungen. Ein Hochtemperatur-Wärmespeicher kann eine probate technische Lösung sein. Weiterhin gibt es in jedem Ziegelwerk Maschinen mit einem diskontinuierlichen Bedarf an elektrischer Energie.

Auf der anderen Seite wird vermehrt regenerativ elektrische Energie mit Hilfe von PV Anlagen und Windkraftanlagen direkt am Standort erzeugt. Auch diese Quellen produzieren diskontinuierlich.

Da die Speicherung elektrischer Energie teuer ist, kann daraus entweder Wasserstoff oder Wärme erzeugt werden. Diese Medien gilt es zu speichern und bei Bedarf wieder abzurufen.

Idealerweise geht auch die Wettervorhersage in ein intelligentes Energie-Management-System mit ein. Wie ist die Sonnen- und Windprognose für die nächsten Tage und welche Auswirkung hat das auf das Energiemanagement des Werkes? Auch das Produktionsmanagement ist zu berücksichtigen, wann welche Produkte mit welchen Gewichten produziert bzw. benötigt werden.

Ferner sollte die tagesaktuelle Kostensituation am Strommarkt Berücksichtigung finden. Zu welcher Zeit ist der Strom im Netz teuer, zu welcher Zeit günstig?

Ein Energie-Management-System der Zukunft muss all diese Daten verarbeiten können, um daraus Maßnahmen zur Reduzierung des Energiebedarfes und der Energiekosten abzuleiten.

Auch dieses wird eine wesentliche Herausforderung in einem Ziegelwerk der Zukunft sein.

Bei Interesse und für weitere Informationen wenden Sie sich gerne an:

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