Domingo Martín, Patricia Aparicio, Emilio Galán†

Zeitlicher Verlauf der mineralischen Karbonatisierung von Keramikziegeln in einer simulierten Versuchsanlage unter Verwendung von herkömmlichem Ton als Abdichtungs-
material bei Oberflächenbedingungen

Die mineralische CO2-Karbonatisierung – bzw. mineralische CO2-Sequestrierung – wurde bereits 1990 von Seiftriz [3] als ein äquivalenter Prozess propagiert, bei dem in einer CO2-reichen Umgebung bei Verwitterung von Silikatgestein Carbonat auf natürliche Weise entsteht. Diese natürlichen Prozesse finden jedoch in der geologischen Zeitskala statt. Calcium und Magnesium sind die mit Abstand in der Natur am häufigsten vorkommenden Erdalkalimetalle. Große Mengen an alkalioxidreichen Industriemineralien und Industrieabfällen sind für die CO2-Fixierung vorhanden. Daher werden in der Regel Calcium und Magnesium zur mineralischen Sequestrierung von CO2 bevorzugt. (Auszug aus der Dissertation [1,2] von Domingo Martín)

Die Karbonatisierungsreaktionen von Calcium- und Magnesiumoxid sind stark exotherm, da der Carbonatzustand ein kohlenstoffarmer Energiezustand ist [4]:

CaO (s) + CO2 (g) → CaCO3 (s) (ΔHr = -179kJ/mol)⇥Gl. 1

 

MgO (s) + CO2 (g) → MgCO3 (s) (ΔHr = -118kJ/mol)⇥Gl. 2

 

In der Natur kommen Calcium und Magnesium jedoch am häufigsten in Form von Silikatmineralen im Vergleich zu den binären Oxiden dieser Elemente vor. Aus diesen Silikaten kann sich Carbonat bilden, da die in diesen Mineralen vorhandene Silika leicht mit den Carbonat-Ionen austauschbar ist. Im Allgemeinen lautet die Silikat-Reaktion [5]:

 

(Mg, Ca)x SiyOx+2y+z H2z (s) + xCO2 (g) → x (Mg, Ca)CO3 (s) + ySiO2 (s) + zH2O (l)⇥Gl. 3

 

Diese Reaktionen sind immer noch exotherm, jedoch in geringerem Maße als bei Karbonatisierungen reiner Oxide. Wie bereits erwähnt, benötigen diese natürlichen Prozesse lange Zeiträume.

Daher wurden diese Prozesse im Rahmen zahlreicher Untersuchungen beschleunigt. Das Nassverfahren ist eine der möglichen Beschleunigungstechniken, da die Bildung von Kohlensäure in Gegenwart von Wasser durch die Auflösung von CO2 begünstigt wird und die Extraktion des Reagenzes, Erdalkaliionen, aus der Matrix für die anschließende feste und stabile Karbonatisierung ermöglicht.

Der Vorgang der Karbonatisierung von Mineralen in einem Nassverfahren lässt sich in folgenden Schritten zusammenfassen [6]:

 

1. CO2-Zersetzung in wässriger Phase:

CO2 (g) + H2O (l) → H2CO3 (g)⇥Gl. 4

H2CO3 (aq) → H+ (aq) + HCO3- (aq)⇥Gl. 5

HCO3- (aq) → H+ (aq) + CO32- (aq)⇥Gl. 6

 

2. Auslaugung von zweiwertigen Ionen aus der mineralischen Matrix:

(Ca, Mg)-Silikat (s) + 2H+ (aq) → (Ca, Mg)2+ (aq) + SiO2 (s) + H2O (l)⇥Gl. 7

3. Carbonat-Fällung

(Ca, Mg)2+ (aq) + HCO3- (aq) → (Ca, Mg)CO3 (s) + H+ (aq)⇥Gl. 8

oder

(Ca, Mg)2+ (aq) + CO32- (aq) → (Ca, Mg)CO3 (s)⇥Gl. 9

 

Das Hauptziel der Studie war die Untersuchung der mineralischen Karbonatisierung einer im Bauwesen verwendeten Ziegelart im Nassverfahren. Dieser Ziegel wurde aufgrund seiner chemischen und mineralischen Zusammensetzung ausgewählt. Die Karbonatisierungseffizienz des ausgewählten, als AUC1 bezeichneten Ziegels, wurde im kleineren Umfang, im Labormaßstab, neben anderen Ziegeln bestimmt [7]. Der Keramikziegel bestand hauptsächlich aus Quarz, Diopsid, Wollastonit und Orthoklas sowie wenig Anhydrit.

 

Untersuchung der mineralischen Karbonatisierung

Der Karbonatisierungsprozess wurde in einer speziell konstruierten Reaktionskammer (»Abb. 1) durchgeführt, in der die Rückgewinnung einer mit diesen Ziegeln gefüllten stillgelegten Tongrube simuliert wurde und CO2 zur Sequestrierung unter Bedingungen der Umgebungstemperatur und des geringen Drucks eingebracht wurde. Ein herkömmlicher Ton wurde hierbei als Abdichtungsmaterial während des Karbonatisierungstests verwendet, dessen Bestandteile sind Calcit, Quarz, Illit, Smektit, Kaolinit und eine Spur von Dolomit.

Die Reaktionsbedingungen waren wie folgt: 0,5 bar konstanter Druck, gesteuert über Massedurchflussregler, Feststoff-Wasser-Verhältnis von 4:1 und Raumtemperatur. Die Reaktionszeit variierte zwischen 5 und 12 Monaten (5, 7, 9 und 12 Monate). Nach jedem Zeitraum wurde eine Proben entnommen und der Kern in 5 cm dicke Abschnitte geschnitten. Die ersten fünf Probenkörper aus dem oberen Bereich entsprachen der oberen Tonschicht, dann folgte das Ziegelmehl und die letzten entsprachen wiederum dem Mergel der unteren Schicht.

Sowohl Rohziegel als auch Ton wurden charakterisiert, und die Bewertung der Interaktion des CO2-Gasflusses in den verschiedenen unterteilten Schichten wurde für jeden Karbonatisierungstest analysiert. Hierbei wurden verschiedene Analyseverfahren angewandt, wie beispielsweise XRF, XRD, REM-EDS, DTA-TG, C-Elementaranalyse, N2- und CO2-BET-Messung, Hg-Porosimeter und IPC-EOS [8].

Calcit (Calciumcarbonat) als karbonatisiertes Mineral in Ziegeln ist offensichtlich, sowie die Zerstörung von Calciumsilikat (Wollastonit und Diopsid), Anhydrit und Orthoklas (Kaliumfeldspat). Außerdem wurde wenig Dolomit (Calcium- und Magnesiumcarbonat) ausgefällt und es entstand etwas Illit (Glimmer-Gruppe), wahrscheinlich aufgrund der Orthoklas-Verwitterung (»Abb. 2).

Die Ergebnisse aus der C-Elementaranalyse und dem Masseverlust aus der TG-DTA-Messung an den karbonatisierten Proben (»Abb. 3) bestätigen, dass gasförmiges CO2 durch den Prozess zu festem Calciumcarbonat umgewandelt wird, wie die Röntgendiagramme zeigen.

Die morphologische Analyse der Porosität der Ziegelkörnung zeigte eine Zunahme der Makroporosität aufgrund der Zerstörung von Silikaten an der Oberfläche, während sich die Mikroporosität aufgrund des neuen Calcit-Wachstums verringerte und die Größe der Mikroporen zu Nanoporen reduzierte, was in den ersten Karbonatisierungstests deutlicher war. Neben der chemischen Retention durch CO2-Karbonatisierung zeigten die Adsorptionsisothermen eine physikalische Retention des Gases.

 

Alternative zur CO2-Abscheidung und -Speicherung (CCS-Technologie)

In den als Abdichtungsmaterial verwendeten Tonschichten erhöht sich der Calciumcarbonatgehalt und deutet auf einen höheren Anteil an gespeicherten CO2 hin. Calcium und Kohlenstoff verzeichnen insgesamt einen Anstieg, insbesondere in Verbindung mit der Ziegelschicht aufgrund einer größere Calciummenge in der Mergel. Ein derartiger Anstieg an Carbonat und Fluid könnte mit einer möglichen Übertragung des CO2 auf das Wasser zusammenhängen, unter äußerer Mitwirkung von Calcium aus den Ziegeln. Darüber hinaus weisen die CO2-BET-Messung und die CO2-Adsorption eine physikalische Retention in Mikro- und Nanoporen auf sowie Deck-/Füllporen der Carbonatfällung.

Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass im Rahmen dieser Forschungsarbeit ein akzeptables Karbonatisierungsniveau unter günstigen Bedingungen bei niedrigem Druck und Raumtemperatur bei geringen Energiekosten und damit umweltfreundlich erzielt wurde. Das entwickelte System könnte als Alternative zur CO2-Abscheidung und -Speicherung (CCS-Technologie) auf einen realen Fall einer Steinbruchrückgewinnung mit keramischen Ziegelabfällen als Trägermaterial für die mineralische Karbonatisierung durch direkten Eintrag von CO2 und der Verwendung von herkömmlichem Ton als Abdichtungsmaterial extrapoliert werden.

[† verstorben am 29. Januar 2019]

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